Landesarbeitsgemeinschaft Entwicklungshilfe Mali e.V.

Geschichte

Die großen Reiche

Westafrika, und damit auch das Staatsgebiet des heutigen Mali, blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Es entstanden dort in vorkolonialer Zeit große Reiche, welche ihre europäischen Gegenstücke an Ausdehnung und Reichtum weit in den Schatten stellten. Diese sind bis heute von großer Identität stiftender Bedeutung für die Menschen in Westafrika. Eines von ihnen diente nach der Unabhängigkeit als Namensgeber der heutigen Republik Mali, ein anderes für das heutige Ghana.

Das Ghana-Reich (5. bis 11. Jahrhundert)

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Als Gründer des frühen Großreiches Ghana gelten die Soninké aus dem Volk der Mande. Diese verstanden sich bereits seit langem auf die Eisenbearbeitung, und mit Hilfe von Pferden aus Nordafrika erlangten sie die militärische Vorherrschaft über ihre Nachbarn.

Seine politische und wirtschaftliche Blütezeit erlebte das Reich im 11. Jahrhundert. Es spielte eine wichtige Rolle im Transsaharahandel mit dem muslimischen Reich im Norden, weshalb auch zu dieser Zeit der Islam begann sich unter den Händler-Eliten zu verbreiten. Die Residenz des Königs befand sich im Handelszentrum Koumbi im Gebiet des heutigen Koumbi Saleh.

Der Niedergang setzte in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ein. Die aufstrebende islamische Reformbewegung der Almoraviden, welche bald darauf eine bedeutende Dynastie gründen sollten, eroberte 1054 den südlichen Endpunkt der Transsahararoute. Damit wurde dem Reich Ghana die wirtschaftliche Grundlage entzogen, was schließlich die Eroberung durch das Mali-Reich zur Folge hatte.

Das Mali-Reich (11. bis 15. Jahrhundert)

Karte: Wikimedia

Seine Blütezeit erreichte das Königreich Mali unter Mansa Musa, der wie sein Vorgänger den Köingstitel (Mansa) trug. Sein Reichtum erregte schon damals internationales Aufsehen: Während seiner Pilgerreise nach Mekka in den Jahren 1324 -1326 gab er so verschwenderisch Gold aus, dass der Goldpreis über mehrere Jahre zusammenbrach.

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Das Mali-Reich hat seinen Ursprung in dem kleinen Fürstentum Kangaba im Südwesten des heutigen Mali. Kangaba wurde von den Malinké - ebenfalls eine Ethnie des Mande-Volkes - gegründet. Dieses stand lange Zeit unter der Herrschaft des Ghana-Reiches.

Im Jahre 1235 eroberte der legendäre Sundiata Keita das Fürstentum. In den folgenden 20 Jahren seiner Regierung dehnte er seinen Herrschaftsbereich aus und eroberte 1240 auch das ehemalige Ghana-Reich. Den Höhepunkt seiner Macht erreichte das Mali-Reich unter Mansa Musa, welcher von 1312 bis 1337 regierte. Er förderte den Ausbau staatlicher Strukturen und den Handel. Als Moslem pflegte er auch außenpolitische Beziehungen zu den nordafrikanischen Reichen und förderte die Verbreitung des Islam. Außerdem war sein Reichtum legendär: Auf einer Pilgerreise nach Mekka gab er so viel Gold aus, dass die ägyptische Währung für viele Jahre zusammenbrach.

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts kam es vermehrt zu Aufständen in den Provinzen und Angriffen von außen. Die Ausdehnung des Reiches war zu groß, um eine effektive Verwaltung aufrechtzuerhalten. Schließlich verkleinerte sich der Herrschaftsbereich im 15. Jahrhundert wieder bis auf das ursprüngliche Fürstentum Kangaba, was die Eroberung durch das aufstrebende Songhai-Reich ermöglichte.

Das Songhai-Reich (15. bis 16. Jahrhundert)

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Die Songhai sind eine Volksgruppe, welche ihr Zentrum ab dem 11. Jahrhundert in Gao hatte. Die Stadt markierte einen wichtigen Umschlagplatz für den Transsaharahandel mit dem heutigen Marokko, Algerien und Libyen sowie auch für den Ost-West-Handel südlich der Sahara.

Mansa Musa, der Herrscher des Mali-Reiches, unterwarf Gao 1325 und nahm zwei Söhne des Fürsten als Geisel. Diesen gelang 12 Jahre später die Flucht, und der ältere der beiden gründete in Gao eine Dynastie. Ende des 14. Jahrhunderts gelang es den Songhai eine vom Mali-Reich unabhängige Herrschaft zu errichten und auch einige Bambara-Stämme, welche bisher dem Mali-Reich tributpflichtig waren, zu unterwerfen.

Zu einem mächtigen Reich wurde Songhai unter dem Herrscher Sonni Ali, welcher von ca. 1464 bis 1492 regierte. Er eroberte zuerst Timbuktu und im Jahre 1477 auch Djenné, womit er den gesamten Handel entlang des Niger kontrollierte. Unter seinem Nachfolger Mohammed Touré erreichte das Reich schließlich seine größte Ausdehnung und auch eine kulturelle Blütezeit.

Während der Herrschaft der Songhai wurde Timbuktu zum bedeutendsten intellektuellen und kulturellen Zentrum des Islam in ganz Westafrika. Durch die gewaltige Ausdehnung des Reiches wurde es zusehends schwieriger eine funktionierende Verwaltung und Herrschaft aufrechtzuerhalten, Machtstreitigkeiten führten zum langsamen politischen Niedergang. Durch eine Invasion marokkanischer Truppen im Jahr 1591, welche ca. 50km vor Gao ein großes Heer der Songhai besiegten, zerbrach das Reich endgültig.

Nach dem Ende der Reiche

Machtkämpfe (16. bis 19. Jahrhundert)

Mit der marokkanischen Invasion und dem Zusammenbruch der Songhai-Herrschaft brach eine Zeit der politischen und wirtschaftlichen Instabilität an. Der Fernhandel durch die Sahara ging zurück. Stattdessen entstanden neue Routen an die Küstengebiete im Westen, wo Europäer neue Handelsposten gegründet hatten. Sie bezogen Sklaven, Gold und Salz aus Westafrika. Der Einflussbereich der Marokkaner blieb auf die Region von Gao und Timbuktu beschränkt, im Süden füllten kleinere Königreiche das Machtvakuum. Die bedeutendsten darunter waren das Bambara-Reich von Ségou und das Fulbe-Reich von Massina in der Region um Mopti, im Nigerbinnendelta.

An der Grenze zu Burkina Faso entstand im 17. Jahrhundert das Königreich von Kenedugu, das sich bis zur Machtübernahme der Franzosen Ende des 19. Jahrhunderts halten konnte. Mitte des 19. Jahrhunderts kam die Ethnie der Tukulor unter dem Führer Al-Hadsch Omar Tall an die Macht. Er überzog die Reiche von Ségou und Massina mit einem Dschihad und brachte noch einmal ein relativ großes Gebiet unter seine Kontrolle.

Das Tukulor-Reich konnte sich auch eine Weile erfolgreich gegen die vordringenden französischen Truppen zur Wehr setzen. Der Sohn und Nachfolger Omar Talls, Amadou Tall, wurde jedoch zwischen 1888 und 1890 von den Franzosen in mehreren Feldzügen geschlagen - das Ende des Tukulor-Reiches. Der letzte Gegenspieler Frankreichs vor der endgültigen Kolonialisierung Westafrikas war Samori Touré und sein 1878 gegründetes Wassulu-Reich. Dieses füllte das nach dem Tod Omar Talls das im geschwächten Tukulor-Reich entstandene Machtvakuum, und erstreckte sich über das obere Guinea, den Norden der Elfenbeinküste und Sierra Leones bis ins südliche Mali. Seine Armee schlug die französischen Truppen zweimal zurück, worauf 1887 ein Vertrag über die jeweiligen Einflusszonen und die Nigerschifffahrt mit Frankreich geschlossen wurde. Frankreich setzte sein militärischen Expeditionen gegen das Wassulu-Reich jedoch fort, und 1898 gelang es schließlich Samori Touré gefangen zu nehmen.

Französische Kolonialherrschaft (19. Jahrhundert bis 1960)

Frankreich besaß bereits seit dem 17. Jahrhundert kleine Handelsstützpunkte im Mündungsgebiet des Senegalstroms an der westafrikanischen Küste. 1830 landete die französische Armee bei Algier und kämpfte sich gegen starken Widerstand jahrzehntelang Richtung Süden in die Sahara durch. 1857 etablierten die Franzosen in Médine, im Westen des heutigen Mali, einen ersten Stützpunkt.

Vor allem von Westen begannen ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Vorstöße ins Innere Westafrikas. Dabei wurde Frankreich jedoch zuerst durch die Tukulor, danach von Samori Touré und seinen Truppen an einem weiteren Vordringen in Richtung des Niger-Binnendeltas gehindert. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden diese Gegenspieler aber militärisch in die Knie gezwungen, und Frankreich brachte den Großteil des heutigen Mali unter seine Kontrolle. Das Territorium wurde als "Französisch-Sudan" in das französische Kolonialgebiet "Französisch-Westafrika" eingegliedert.

Verwaltung der kolonialisierten Gebiete basierte auf von der französischen Regierung ernannten "chefs de canton". Die Auswahl dieser Mittelsmänner hing von der Einstellung lokaler Autoritäten zur französischen Besatzung ab. Waren diese kooperationsbereit wurden sie im Amt belassen - ansonsten ernannte die Kolonialregierung neue "chefs". Zu ihren Aufgaben gehörten das Eintreiben von Steuern, die Rekrutierung von Arbeitskräften zur Zwangsarbeit und die Auswahl von Kindern, die auf Kolonialschulen geschickt werden sollten. Bei der lokalen Bevölkerung waren sie deshalb oft sehr unbeliebt. Auch verschwammen für sie die Grenzen zwischen der offiziell verbotenen Sklaverei und der gewaltsamen Rekrutierung von Arbeitskräften.

Wirtschaftlich war das heutige Mali für die französische Kolonialregierung nur von sehr untergeordneter Bedeutung. Dennoch wurde im Nigerbinnendelta Reisanbau mit künstlicher Bewässerung eingeführt und Baumwolle produziert - mithilfe von Zwangsarbeit. Wichtig für die Festigung der französischen Herrschaft war auch die Verkehrserschließung: 1924 wurde die Eisenbahnverbindung Niger-Dakar fertig gestellt. Eine wichtige Rolle spielte die Kolonie "Französisch-Sudan" dagegen für das französische Militär: Viele der sogenannten tirailleurs sénégalais - der senegalesischen Schützen - wurden unter der dortigen Bevölkerung rekrutiert. Sie kämpften in beiden Weltkriegen auch in Europa für die französische Kolonialmacht.

Der Militärdienst bot auch für Afrikaner gewisse Aufstiegschancen. Nach ihrer Rückkehr bekleideten sie oft hohe Positionen in der Kolonialadministration, und auch von der lokalen Bevölkerung wurde ihnen großer Respekt zuteil. So vermochte Frankreich im Lauf einer nur wenige Jahrzehnte dauernden Herrschaft Grenzen zu ziehen und Strukturen zu schaffen, die bis heute bestehen blieben und nachwirken. Dabei ist erwähnenswert, dass auch unter der Kolonialherrschaft der Norden Malis kaum beherrschbar war. Immer wieder kam es zu Aufständen und Angriffen nomadischer Krieger.

Unabhängigkeit und Diktatur (1960 bis 1991)

In den 40er Jahren begannen sich unter den meist in Frankreich ausgebildeten afrikanischen Eliten konkrete Unabhängigkeitsbestrebungen herauszubilden. Es bestand jedoch keine Einigkeit darüber nach welchem Modell der Weg in die Unabhängigkeit zu beschreiten sei. Mali versuchte es zuerst mit einer Föderation mit dem Senegal. Diese brach jedoch nach nur wenigen Monaten auseinander.

Am 22. September 1960 erklärte sich Mali unter seinem ersten Präsidenten Modibo Keita zum unabhängigen Nationalstaat. Keita orientierte sich an der marxistischen Ideologie und wollte einen sozialistischen Staat errichten. Unter ihm entstand ein Regime mit Einparteiensystem und einer Klasse privilegierter Funktionäre, das ähnlich wie die französischen Kolonialherren von oben herab und sehr autoritär und repressiv regierte. Er griff bei seinem Versuch ein nationales Bewusstsein zu schaffen auch auf die vergangenen Großreiche zurück, vor allem das Mali-Reich. Er selbst stammte vom Clan dessen Gründers - Sundiata Keita - ab. Anfang der 60er Jahre kam es auch zu einem bewaffneten Aufstand der Tuareg, der blutig niedergeschlagen wurde.

Die Marginalisierung des Nordens sollte sich weiter durch die Geschichte Malis ziehen. Auch die Unzufriedenheit der restlichen Bevölkerung wuchs indessen und führte 1968 schließlich zu einem Militärputsch unter dem General Moussa Traoré. Auch Traoré gelang es nicht, den wirtschaftlichen Problemen Malis entgegenzuwirken, zumal das Land Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre von schweren Dürreperioden heimgesucht wurde.

Zu Beginn der 80er Jahre war der Staat durch seine hohe Verschuldung praktisch zahlungsunfähig und vollkommen auf internationale Hilfsgelder angewiesen. Durch "Strukturanpassungsprogramme" der Weltbank und des IWF wurde der sozialistische Kurs durch wirtschaftliche Liberalisierung ersetzt. Das bedeutete für die Bevölkerung zusätzliche Unsicherheit bei der Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte und ließ die Unzufriedenheit weiter wachsen. Währenddessen spitze sich auch der Konflikt zwischen der Regierung und den Tuareg weiter zu. Die wirtschaftliche und politische Ausgrenzung des Nordens führte zur Verstärkung des Unabhängigkeitsstrebens unter Teilen der dortigen Bevölkerung. Ein neuer Tuareg-Aufstand und mehrere Todesopfer bei städtischen Protesten gegen die Regierung führten 1991 schließlich erneut zu einem Militärputsch und der Entmachtung Traorés.

Übergang in die Demokratie (1991)

Anführer des Putsches im März 1991 war der General Amadou Toumani Touré. Anders als Traoré riss er nicht selbst die Macht an sich, sondern führte Mali als Vorsitzender eines Übergangskomitees in die Demokratie. Auf einer Nationalkonferenz erarbeiteten 1500 Vertreter neu gegründeter Parteien und Vertreter diverser gesellschaftlicher Gruppierungen eine Verfassung, die als eine der demokratischsten Afrikas gilt. 1992 fanden die ersten freien Präsidentschaftswahlen statt, bei der Touré auf eine Kandidatur verzichtete. Erster demokratisch gewählter Präsident Malis wurde Alpha Oumar Konaré, der nach einer zweiten Amtszeit dann 2002 von Touré abgelöst wurde.

In dieser Zeit galt Mali als Musterbeispiel für die Demokratie in Afrika und entwickelte sich zu einem bevorzugten Empfänger internationaler Hilfsgelder.

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Eine Zusammenfassung von David Malluche im Auftrag der LAG Mali
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